Verschlissene Traggelenke mag der freundliche Prüfer bei der Hauptuntersuchung überhaupt nicht. Allerdings ist das auch gut so. Ein verschlissenes Traggelenk kann schnell ein Sicherheitsrisiko für euch und euer Auto werden. Wir beschreiben heute, wie ihr allgemein Traggelenke selbst wechseln könnt.
Inhaltsverzeichnis
Vorsorge:
Wir sind uns hoffentlich einig: Selbst durchgeführte Reparaturen am Auto sollten nur erfolgen, wenn man weiß, was man tut. Wenn ihr euch nicht sicher seid, lasst euer Fahrzeug von einer Fachwerkstatt warten und instandsetzen. Viele Baugruppen beeinflussen das Brems- oder Fahrverhalten, ihr korrekter Einbau ist somit sicherheitsrelevant. Auch das korrekte Aufbocken des Fahrzeugs und seine Sicherung mit Unterstellböcken auf einem festen Boden sollte selbstverständlich sein. Das klingt vielleicht spießig – ist es aber nicht.
Wovon sprechen wir eigentlich?
Ach ja, die Traggelenke. Liebe Selbstschrauber, das sind zwei ungefähr faustgroße Gelenke in der Vorderachse eures Autos. Natürlich gibt es zwischen den Marken und Modellen Unterschiede, wir haben uns als Beispiel einen VW Passat B4 genommen. Bei dem ist die eine Seite des Traggelenks über drei Bolzen mit dem massiven Achsschenkel verschraubt, die andere Seite steckt mit einem Bolzen gesichert unten im Federbein. Und alles stellt euch eben als bewegliches Gelenk vor, damit beim Einfedern die nötige Flexibilität in der Spurführung gegeben ist.
Die Traggelenke stützen also das Federbein zum Achsschenkel hin. Über die Jahre verschleißen diese Gelenke still und oft unbemerkt, was man aber fühlen und hören kann. Wenn Traggelenke so ausgeschlagen sind, dass sie brechen, wird es tragisch. Dann wird nämlich das betreffende Federbein mitsamt dem Rad und der Achse nicht mehr gehalten und knickt weg. Passiert das auf der Autobahn, wird es nicht nur tragisch, sondern lebensgefährlich.
Was brauchen wir für die Arbeiten?
Traggelenke, so wichtig sie auch sind, gehören zu den (eigentlich) schnell gewechselten Achsteilen. Spezialwerkzeug ist nicht nötig, ein gut sortierter Knarrenkasten (13er, 17er und 19er) plus Schraubenschlüsselsatz sind obligatorisch. Außerdem machen ein Austreiber und ein Hammer Sinn. Wenn die Vorderachse schon viele Jahre den Dreck und das Wasser der Straße zu spüren bekam, solltet ihr Rostlöser, eine Flex mit Trennscheibe, ein langes Rohr als Verlängerung, einen Kuhfuß und genau so viel Geduld wie Kraft in petto haben. Und einen Drehmomentschlüssel.
Wenn das alles gegeben ist, nehmen Profis das Auto auf die Hebebühne, Semi-Profis fahren es auf Auffahrrampen oder über eine Grube und schlanke Straßenschrauber legen sich einfach drunter. Je nach Fahrzeug lässt sich ein Traggelenk im eingefederten oder ausgefederten Zustand besser lösen. Habt auf jeden Fall einen Wagenheber und Unterstellböcke in der Nähe, um das ausprobieren zu können.
Immer ist was im Weg
In der Theorie werden zum Ausbau eines Traggelenks nur die drei Schrauben am Achsschenkel gelöst, deren Kontermuttern auf der schlecht zugänglichen Rückseite mit einem Sicherungsblech gehalten werden. Vom Sicherungsbolzen im Federbein wird die Mutter gelöst und der Bolzen vorsichtig aus der Nut herausgetrieben, ohne das Gewinde zu beschädigen. Dann fällt das alte Traggelenk von selbst heraus. In der Praxis kommt man an mindestens eine der Schrauben nur ran, wenn man entweder ganuz nach links oder rechts einlenkt, den kompletten Bremssattel abschraubt oder sich Um-die-Ecke-Werkzeug baut. Plant also mehr Zeit ein als die anderen behaupten. Immer!
Immer ist was festgerostet
Gern reißen die alten, angerosteten Schrauben im Achsschenkel beim Lösen ab. Oder die Muttern auf der anderen Seite im Sicherungsblech drehen mit, weil das Blech aufgegeben hat. In dem Fall hilft nur noch die Trennscheibe, wenn man die Schraubenköpfe abflext lassen sich die Gewinde mitsamt den Muttern nach oben austreiben. Dabei auf keinen Fall, auch nicht aus Versehen, in den Achsschenkel flexen und immer eine Schutzbrille und Handschuhe tragen!
Der obere, ins Federbein gesteckte Teil des Traggelenks wird durch den Sicherungsbolzen gehalten, dessen selbstsichernde Mutter im Alter entweder rund dreht – oder abreißt. Und selbst wenn der Bolzen im Anschluss zerstört oder intakt aus dem Federbein herausgeschlagen ist, kommt das leicht konische Traggelenk noch lange nicht ans Tageslicht. Auch hier kann Korrosion über die Jahre ganz schöne Kräfte entwickeln. Aber mit einer großen Verlängerung, einem Kuhfuß, viel Rostlöser und beherzten Hammerschlägen ist jedes Traggelenk irgendwann einmal draußen. Und das ist dann ein toller Moment!
Doppelt hält länger!
Wenn ihr schon einmal dabei seid, solltet ihr das zweite Traggelenk auch gleich mit wechseln, auch wenn es noch nicht ausgeschlagen ist. Wenn beide gleich alt sind, kommt das demnächst sowieso. Und wenn ihr schonmal unter dem Auto seid (und jetzt die Fallstricke der einen Seite kennt) könnt ihr mit der anderen Seite gleich weitermachen. Traggelenke kosten, je nach Fahrzeug, zwischen 20€ und 40€, deshalb kann man beherzt zwei kaufen und sollte immer bewährte Markenteile wählen. Schaut doch gleich mal bei uns im Online Katalog nach, was neue Traggelenke für euer Fahrzeug kosten. Mein Opa hat schon gesagt, dass ich bei den Bremsen, den Achsen und den Reifen keine billigen Kompromisse machen soll, denn da hängt mein Leben dran.
Alles wieder dran, und dann?
Der Einbau erfolgt, wie so oft, in umgekehrter Reihenfolge J Und jetzt zeigt sich, ob ihr gut vorausgeplant habt. Sind noch alle Schrauben, Muttern und Bolzen intakt? Sind beim Traggelenk neue dabei, und taugen die was? Ich empfehle generell, immer alle Schrauben und die Sicherungsbolzen neu mitzubestellen, wenn sie nicht im Set dabei sind. Wenn dann doch die Flex sprechen muss, steht man nicht mit fehlenden Cent-Artikeln da und kann nicht weitermachen.
Die neuen Traggelenke sollten gegen die Korrosion leicht eingefettet werden, die Bolzen und Muttern werden mit einem Drehmomentschlüssel und den vorgegebenen Drehmomenten (die findet ihr im Netz) angezogen werden. Abschließend ist ein prüfender Blick angebracht, ob man mit der eventuell angewandten rohen Gewalt vielleicht hier und da an den Achsteilen oder dem Unterboden Schrammen hinterlassen hat? Diese müssen dann noch konserviert werden. Fertig? Dann könnt ihr euch mit einem kühlen Getränk belohnen und aufräumen.
Nachsorge
Es gibt Traggelenke, die sich nur in dieser einen Position ein- und ausbauen lassen. Hier schwören die Experten in den Foren, dass nach dem Wechsel Spur und Sturz genau wie vorher sind. Da es aber verschiedene Hersteller für Traggelenke mit leicht unterschiedlichen Bauformen gibt, empfehle ich nach dem Wechsel auf jeden Fall eine Achsvermessung. Allein deshalb sollte man gleich alle beide wechseln und nur einmal vermessen lassen.
Und? Fährt es sich präziser, klapperfreier, spürbar straffer? Dann habt ihr auch noch einen emotionalen Wert an der Reparatur. Und jetzt erstmal wieder Ruhe, zumindest was dieses Verschleißteil betrifft! Ich wünsche euch allzeit gute Fahrt!
Sandmann
