Der Dieselmotor – hat der beliebte Selbstzünder noch eine Zukunft?

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Dieselmotor
© GettyImages / mauro_grigollo

Seit über 100 Jahren sorgen Dieselmotoren weltweit für Bewegung. Sie sind sparsam im Verbrauch und langlebig. Wie ein Dieselmotor funktioniert und wie es um die Zukunft bestellt ist, zeigt dieser Beitrag.

 

Wie funktioniert ein Dieselmotor?

Ein Dieselmotor ist wie ein Benzinmotor (Ottomotor) ein Hubkolbenmotor. Die Auf- und Ab-Bewegung der Kolben in den Zylindern wird über Pleuel und eine Kurbelwelle in eine Drehbewegung umgewandelt. Bei der Aufwärtsbewegung der Kolben komprimiert man die Luft im Zylinder stark. Durch die Komprimierung erhitzt sich die Luft auf eine Temperatur von 700 bis 900 Grad Celsius. Diese Temperatur reicht aus, um den zugeführten Kraftstoff zu entzünden.

 

Durch den Explosionsdruck drückt man den Kolben nach unten und damit die Kurbelwelle in Drehung versetzt. Dieses Prinzip nennt man Kompressionszündung. Dieselmotoren benötigen keine Zündkerzen, um das Kraftstoff-Luft-Gemisch zu entzünden. Sie werden daher auch als Selbstzünder bezeichnet. Dieselmotoren werden sowohl als Zweitakter wie auch als Viertakter hergestellt. In Kraftfahrzeugen kommen aber praktisch nur Viertakt-Dieselmotoren zum Einsatz. Namensgeber dieser Motoren ist Rudolf Diesel (1858 – 1913). Rudolf Diesel war zwar nicht der Erfinder des Dieselmotor-Prinzips, aber er war der Erste, der einen funktionsfähigen Selbstzünder gebaut hat.

 

Erst durch die Vorkammer wurde ein Dieselmotor mobil

Bei den ersten Dieselmotoren verwendete man ein Gebläse, um die Zylinder zu füllen. Durch diese Konstruktion waren diese Motoren sehr groß und mit einem Gewicht von rund 250 kg pro PS sehr schwer. Sie waren für den Einsatz in Fahrzeugen nicht geeignet.

 

Bei einem Vorkammermotor ist der Brennraum in den Zylinder und die Vorkammer aufgeteilt. Die Vorkammer hat etwa ein Drittel der Größe des gesamten Brennraums. In diese Vorkammer wird der Kraftstoff eingespritzt. Durch eine besondere Formgebung wird der Kraftstoff in der Vorkammer mit der Verbrennungsluft durchmischt. Die Einspritzung des Kraftstoffs erfolgt möglichst weit in Richtung des Verbindungskanals zwischen Zylinder und Vorkammer. In der Vorkammer verbrennt nur ein Teil des Kraftstoffs. Durch die Ausdehnung bei der Verbrennung verteilt sich das Gemisch über den sogenannten Schusskanal in den Zylinder. Im Zylinder erfolgt dann der größte Teil der Verbrennung des Kraftstoff-Luft-Gemisches.

 

Bis Ende der 1980er-Jahre waren diese Motorentypen bei Pkws vorherrschend. Erst ab den 90er-Jahren wurden auch in PKWs Dieselmotoren mit Direkteinspritzung eingebaut, die heute praktisch ausschließlich eingesetzt werden. Den ersten Direkteinspritzer Dieselmotor für LKWs hatte MAN bereits 1924 entwickelt und in Serie produziert.

Tankstelle
© GettyImages / South_agency

Diesel Direkteinspritzer – mehr Leistung und weniger Verbrauch

Bei Dieselmotoren mit Direkteinspritzung entfällt die Vorkammer. Der Kraftstoff wird direkt in die Brennkammer eingespritzt. Am bekanntesten ist die Common-Rail-Technik. Common-Rail-Diesel sind mit einer Hochdruckpumpe ausgestattet, die den Kraftstoff während des Betriebs in einem Rohrsystem ständig unter einem hohen Druck von bis zu 3.000 Bar hält. Das Rohrsystem dient als Druckspeicher, um Druckschwankungen durch die Hydraulikpumpe auszugleichen. Alle Injektoren genannten Einspritzdüsen sind mit diesem Rohrsystem und damit untereinander verbunden. Der Druck ist im gesamten System gleich. Durch den hohen Druck kann man den Kraftstoff direkt in den Zylinder einspritzen und fein verteilen. Dadurch verringert sich der Verbrauch und der Schadstoffausstoß.

 

Noch mehr Leistung dank Turbolader

Die Leistung eines Dieselmotors wird durch Menge des eingespritzten Kraftstoffs variiert. Daher benötigt ein Dieselmotor im Prinzip keine Drosselklappen, die die Luftmenge verändern. Moderne Diesel sind denn noch mit Drosselklappen ausgestattet, um eine präzise Motorsteuerung zu ermöglichen. Begrenzt wird die Leistung eines Diesels durch die Luftmenge im Zylinder. Das heißt, es kann nur so viel Kraftstoff verbrannt werden, wie Sauerstoff als Reaktionspartner vorhanden ist. Durch den Einsatz eines Turboladers kann die Luftmenge und damit die Menge des Sauerstoffs im Zylinder erhöht und mehr Kraftstoff für mehr Leistung eingespritzt werden.

 

Weniger CO2 aber mehr Stickoxide – Vor- und Nachteil vom Dieselmotor

Ein Vorteil des Dieselmotors gegenüber einem Benzinmotor ist der geringere CO2-Ausstoß. Zwar hat Dieselkraftstoff einen höheren Kohlenstoffanteil, durch die hohen Verbrennungstemperaturen ist der CO2-Ausstoß bei einem Dieselmotor jedoch geringer. Auf der anderen Seite sind die höheren Verbrennungstemperaturen für einen höheren Ausstoß von Stickoxiden (NOx) im Vergleich zu einem Benzinmotor verantwortlich. Stickoxide reizen die Atemwege und gelten als ursächlich für einige Tausend vorzeitige Todesfälle in Deutschland. Dieser Konflikt, dass bei geringem CO2-Ausstoß der NOx-Ausstoß steigt, ist durch technische Veränderungen im Motor nicht zu lösen. Um den NOx Ausstoß zu reduzieren, muss man die Abgase eines Dieselmotors reinigen.

 

Harnstoff und Speicherkatalysatoren für saubere Dieselabgase

Die Hersteller nutzen für die Abgasreinigung bei Dieselmotoren beispielsweise NOx-Speicherkatalysatoren oder die SCR-Technologie. Bei der SCR-Technologie wird eine unter dem Namen AdBlue bekannte flüssige Harnstofflösung in den Abgasstrom eingespritzt. Die Harnstofflösung bindet die im Abgas enthaltenen Stickoxide und wandelt sie in Wasserdampf und unschädlichen Stickstoff um. Dank dieser Techniken sind Dieselabgase relativ sauber. Sofern niemand die Abgasreinigung manipuliert.

 

Der Dieselskandal – Anfang vom Ende des Dieselmotors?

Der Diesel- oder Abgasskandal wurde durch die Entdeckung illegaler Manipulationen an der Abgasreinigung von Dieselmotoren 2015 in den USA ausgelöst. Die Manipulationen wurden durch die amerikanische Umweltbehörde aufgedeckt. Aufgefallen war, dass die Dieselfahrzeuge der Volkswagen AG nur auf dem Prüfstand die vom Hersteller angegebenen niedrigen Abgaswerte erreichen konnten. Im Fahrbetrieb stiegen die Abgaswerte zum Teil auf das bis zu 30-fache der zulässigen Werte. Grund hierfür war eine illegale Abschaltung der Abgasreinigung.

 

In der Folge wurden auch zahlreiche andere Hersteller der Manipulation überführt. Für Volkswagen war dieser Skandal sehr teuer und zudem auch peinlich. VW hatte seine Dieselmotoren in den USA als besonders saubere „Clean Diesel“ angepriesen und verkauft. Das sogenannte Dieselgate hat schließlich dazu geführt, dass sich immer mehr Fahrzeughersteller Gedanken über alternative Kraftstoffe für ihre Dieselmotoren machen, um die Lebensdauer dieser Technik zu verlängern. Darunter Biodiesel und synthetische Dieselkraftstoffe.

 

Sichern Biodiesel und synthetischer Dieselkraftstoff die Zukunft des Dieselmotors?

Vor einigen Jahren galt Biodiesel als Lösung für die Abgasprobleme von Dieselmotoren. Biodiesel ist im Prinzip umgebautes Pflanzenöl. Ein Vorteil ist, dass bei der Verbrennung nur so viel CO2 freigesetzt wird, wie die Pflanzen für die Produktion des Öls der Luft entzogen haben. Biodiesel hat jedoch ein Problem. Es besteht der Konflikt zwischen Tank und Teller.

 

Synthetischer Diesel wird aus Wasserstoff und CO2 produziert. Der Wasserstoff steht unbegrenzt zur Verfügung, muss aber durch die Elektrolyse, das heißt die Aufspaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gewonnen werden. Dieser Prozess ist sehr energieaufwendig. Das CO2 kann man aus der Luft filtern. Bei der Verbrennung von synthetischem Diesel würde dann ebenfalls nur so viel CO2 freigesetzt, wie zuvor der Luft für die Herstellung entzogen wurde. Synthetischer Diesel wäre dann CO2 neutral. Aber nur, wenn der für die Elektrolyse benötigte Strom aus erneuerbaren Energien stammt, ist synthetischer Diesel wirklich CO2 neutral. Experten gehen davon aus, dass die gesamte Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien auch in Zukunft nicht ausreichen wird, um den Bedarf an synthetischen Kraftstoffen zu decken.

Dieselmotor
© GettyImages / Peter Dazeley

Hat der Diesel eine Zukunft?

Wahrscheinlich nicht. Die EU sieht vor, dass man bis zum Jahr 2035 der Schadstoffausstoß von Kraftfahrzeugen um 100 % senken muss. Das heißt, dann können nur noch emissionsfreie Fahrzeuge zugelassen werden. Verkehrsminister Scheuer möchte ab 2035 nur noch Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren zulassen, die mit synthetischen Kraftstoffen betrieben werden. Die meisten Automobilhersteller haben inzwischen angekündigt, wann das letzte Fahrzeug mit Verbrennungsmotor vom Band rollen soll.

 

Auch fordern immer mehr Umweltverbände das Verbot von Verbrennungsmotoren, die fossile Kraftstoffe benötigen. Von der ZEV-Allianz (Zero Emission Vehicle) wurde bereits auf der UN-Klimakonferenz 2015 in Paris ein konkreter Plan für ein generelles Verbrenner-Verbot vereinbart. Zur ZEV-Allianz gehören die Länder Norwegen, Niederlande, Deutschland, Großbritannien und einige US-amerikanische Bundesstaaten. Ziel ist das endgültige Aus für Verbrennungsmotoren auf Basis fossiler Kraftstoffe bis zum Jahr 2050. Dadurch sollte man den weltweiten CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2050 um 40 % reduzieren. Die Zukunft für den Diesel sieht also nicht gerade rosig aus.