Corona: So wirkt sich das Virus auf unsere Mobilität aus!

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Corona
© GettyImages / sendy lu

Schon Ende 2020 war klar: Mit Corona hat sich die Mobilität verändert. Mehr Individualverkehr bei insgesamt weniger Mobilität – vermutlich wird das auch nach der Krise noch ein Thema sein.

 

Corona im Öffentlichen Nahverkehr – Angst vor Ansteckung

Schon während des ersten und des zweiten (Light-)Lockdowns 2020 zeichnete sich deutlich ab, dass die Menschen aus Angst vor einer Ansteckung wieder mehr alleine und im eigenen Auto unterwegs sind. Ganz egal, ob es um Einkäufe, Freizeit oder den Weg zu Arbeit oder Schule geht: Der PKW erlebte eine Renaissance. Untersucht haben das mehrere Organisationen, die isch mit Mobilität naturgemäß recht gut auskennen: Der ADAC befragte mehr als 2000 Personen zu ihrem Mobilitätsverhalten. Ecornet, so die kurze Bezeichnung für das Ecological Research Network, führte im Rahmen des Zukunftsforums digitale Diskussionen durch und kam ebenfalls zu diesem Ergebnis. Und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt befragte 1000 Personen zu ihrem Mobilitätsverhalten im zweiten Lockdown, mit Fokus auf Reisen zu Weihnachten, den Geschenkekauf und die Verkehrsroutinen. Alle Studien und Befragungen sind online einsehbar.

Es war zu erwarten: Die Menschen nutzen Busse und Bahn inzwischen seltener. Und zwar nicht nur während der Lockdowns, sondern insgesamt. Denn wer sich einmal daran gewöhnt hat, mit dem eigenen PKW zur Arbeit zu fahren, tut das auch weiterhin. Die Ansteckungsgefahr in den öffentlichen Verkehrsmitteln wird als zu hoch bewertet. Einzige Ausnahme: Schüler und Schülerinnen sind immer noch auf die Busse angewiesen. Und zu Stoßzeiten wurde es trotz aller Bemühungen einer Entzerrung sehr eng in den Schulbussen.

Soweit ist das alles keine Überraschung. Aber was bedeutet das nun weiterhin?

 

Coronavirus Mobilitätseinschränkungen: Was gilt wo und für wen?

Corona: eine leere Straße
© GettyImages / MattGush

Als sich Anfang 2021 abzeichnete, dass die Infektionszahlen nicht so schnell sinken würden, kamen Mobilitäteinschränkungen ins Gespräch. In Nordrhein-Westfalen ging es um den 15-Kilometer-Radius. Diese Regel war im Januar in Kraft getreten. In allen Regionen mit sehr hohen Infektionszahlen durften sich die Bewohner und Bewohnerinnen nur in einem Radius von maximal 15 Kilometern um ihren Wohnort herum bewegen.

Dieser Radius galt ab der Grenze des Heimatorts, man ging von der politischen Gemeinde aus. Die Regionalverordnung lief allerdings zum 31. Januar 2021 aus, eine Folgeverordnung gab es nicht. Hohe Infektionszahlen bezogen sich in diesem Fall auf eine Indiens von mehr als 200 Neuinfektionen auf je 100.000 Einwohner/-innen in einem Zeitraum von sieben Tagen. Mobilitätseinschränkungen wurden von Sachsen, Bayern und anderen Bundesländern geprüft.

Mit der Bundesnotbremse wurden einheitliche Regelungen beschlossen, die keine Mobilitätseinschränkungen vorsieht. Allerdings sind ab einer gewissen Inzidenz die Schulen und Kindergärten geschlossen, von einer Notbetreuung abgesehen. Und Firmen sind angehalten, ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Home Office arbeiten zu lassen – die Mobilität geht also ganz von alleine zurück. Und natürlich wirken sich auch Beherbergungsverbote sowie die flächendeckende Schließung von Freizeitstätten und Gastronomie ebenfalls auf die Mobilität aus.

 

Mobilität und Corona: Wie sieht der Alltagsverkehr aus?

Das Wissenschaftszentrum Berlin hat sich dank einer Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (kurz BMBF) in einer Befragung darum bemüht. In vier Schritten wurden im Jahr 2020 die Daten erhoben (für 2021 liegen noch keine weiteren Erkenntnisse vor). Die Studie wurde über Trackingtools auf Android-Smartphones und iPhones durchgeführt und kam zu dem Ergebnis, dass sich die Menschen insgesamt nicht mehr so weit vom Wohnort entfernt aufhalten. Die Mobilität im Alltag ging also zurück, zumindest hinsichtlich des Radius. Die Häufigkeit der Bewegungen außer Haus veränderten sich zwar auch, aber nicht so stark.

Andere Aspekte der Mobilität untersuchte der ADAC und fand heraus:

Zur Arbeit fahren weniger Menschen, viele arbeiten zu Hause.
Die freiwillig gewählten oder offiziell verordneten Einschränkungen der Mobilität belasteten nahezu jeden Fünften beziehungsweise jede Fünfte.
Grob einer von fünf Befragten nutzte 2020 keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr.
Rund ein Fünftel der Befragten gab an, auch nach der Krise noch viele Wege zu Fuß bewältigen zu wollen.

Vor der Krise begaben sich 66 Prozent der Befragten zur Arbeit oder zum Ausbildungsplatz. Zum Zeitpunkt der Befragung waren es nur noch 48 Prozent. Im ersten Lockdown in März/April 2020 waren es dagegen 32 Prozent. Und noch etwas fiel auf: Im ersten Lockdown legten zwei von fünf Menschen gar keine Wege zu Arbeit oder Ausbildung mehr zurück. Auch die Einkäufe wurden während der Lockdowns von 64 Prozent der Menschen an einem oder maximal zwei Tagen wöchentlich erledigt, gegenüber 40 Prozent vor der Corona-Krise. Öffentliche Verkehrsmittel werden überwiegend gemieden, Angst vor einer Infektion war der Hauptgrund. Es folgten „Überfüllung der Verkehrsmittel“ und „Arbeit im Home Office“ als weitere Gründe. Der private PKW wurde von 18 Prozent der Menschen häufiger als vor der Corona-Krise genutzt.

 

Autokollaps in den Städten?

Häufig wird die Frage gestellt, ob sich durch die veränderte Mobilität die Verkehrssituation insbesondere in den Städten verändert hat. Von einem Autokollaps ist die Rede, es geht um Staus aufgrund des erhöhten Verkehrsaufkommens. Gleichzeitig soll sich aufgrund der eingeschränkten Mobilität doch eigentlich genau das Gegenteil einstellen. Was war 2020 der Fall?

Flächendeckend trat weder das Eine, noch das Andere ein. Die Luftqualität besserte sich während des ersten Lockdowns etwas, normalisierte sich im Sommer und bliebt im zweiten Lockdown nahezu unverändert. Staus gab es, aber nicht in signifikant höherem Ausmaß als gewöhnlich. Denn es stiegen zwar viele Menschen von Fahrgemeinschaften und öffentlichen Verkehrsmitteln auf den privaten PKW um. Gleichzeitig waren während der Lockdowns aber auch Schulen und Kindertagesstätten geschlossen, Firmen schickten ihre Belegschaft in das Home Office oder schlossen ganz. Die beiden Trends sorgten für Ausgleich, so dass es nicht zu mehr Staus kam.

fahrende Menschen
© GettyImages / Thomas Barwick

Verkehrswende durch Corona beschleunigt?

Viele Städte reagierten auf die veränderte Mobilität während der beiden Lockdowns 2020 mit Pop-Up Radwegen und ähnlichen Maßnahmen. Es wurden mehr Busse eingesetzt, die Busse fuhren häufiger, Menschen gingen öfter zu Fuß. Und das setzte sich beim Sommerurlaub 2020 fort. Camper und Wohnmobile erfreuten sich plötzlich einer enormen Beliebtheit, die Radfernwege und Radwege insgesamt waren sehr gut genutzt. Reicht das aus, um die Verkehrswende zu beschleunigen?

Vermutlich reicht es nicht aus. Viele Städte und Gemeinden betonten schon vor der Corona-Krise, dass sich insbesondere hinsichtlich des Radverkehrs einiges ändern muss. Der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs wurde gefordert. Passiert ist nichts, auch in der Corona-Krise nicht. Ob sich 2021 noch etwas tut? Vermutlich nicht. Denn Fakt ist, dass bessere Radwege Platz brauchen und in deutschen Städten einfach kein Platz ist. Für mehr Radwege müssten also die Autofahrer Platz abtreten – und das ist nach wie vor undenkbar.